Die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter ist besorgt über die unzureichende Betreuung unbegleiteter Jugendliche

25.04.2023, Die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) hat zwischen Februar 2021 und Oktober 2022 verschiedene Bundesasylzentren (BAZ) besucht. Die Kommission ist besorgt über die ungenügende Betreuung von unbegleiteten asylsuchenden Jugendlichen in den Bundesasylzentren (seit Ende Februar 2022). Die Kommission weist in ihrem Bericht auch auf eine Reihe von guten Beispielen in den überprüften Bereichen hin.
Diese Entwicklungen wirkten sich insbesondere auf die Betreuung und Unterbringung der unbegleiteten Jugendlichen aus. Die Mitarbeitenden kümmerten sich vorrangig um die praktischen Aspekte der Unterbringung der unbegleiteten männlichen Jugendlichen und konzentrierten sich auf besonders akute Situationen (z.B. besonders auffällige Jugendliche). Die Betreuungsteams konnten das System der individuellen Betreuung der Jugendlichen durch sozialpädagogische Mitarbeitende als Bezugspersonen nicht mehr aufrechterhalten. Stattdessen gab es tagesverantwortliche sozialpädagogische Mitarbeitende, die zusammen mit Betreuungsmitarbeitenden zeitweise bis zu hundert Jugendliche zu betreuen hatten. Unbegleitete asylsuchende Mädchen sind in den BAZ deutlich in der Unterzahl. Ihre spezifischen Bedürfnisse gehen in der Überzahl der männlichen unbegleiteten Jugendlichen oft unter.
Diese Entwicklungen haben die Mitarbeitenden des Staatssekretariats für Migration (SEM) und der Betreuungs- und Sicherheitsunternehmen stark beansprucht. Die Kommission anerkennt die Anstrengungen und die hohe Arbeitsbelastung der Mitarbeitenden in den BAZ. Ebenso anerkennt sie die Herausforderung, genügend qualifizierte Mitarbeitende für diese anspruchsvollen Tätigkeiten zu finden.
Nach Beurteilung der Kommission sind die Betreuungsteams derzeit nicht mehr in der Lage, eine persönliche und kontinuierliche Begleitung der unbegleiteten asylsuchenden Jugendlichen zu gewährleisten. «Diese Zustände sind nach Einschätzung der Kommission nicht mit der UNO- Kinderrechtskonvention vereinbar», sagt Martina Caroni, Präsidentin der NKVF. Sie verletzen das übergeordnete Interesse des Kindes (Artikel 3) und das Recht der unbegleiteten Jugendlichen auf Ruhe und Freizeit sowie auf Spiel und altersgemässe aktive Erholung (Artikel 31).
Die Kommission empfiehlt dem SEM und den Betreuungsunternehmen, die Kinderrechtskonvention vollumfänglich umzusetzen und das bestehende Betreuungssystem für unbegleitete asylsuchende Jugendliche zu überprüfen und anzupassen, um auch bei hohen Zahlen eine professionelle und kontinuierliche Betreuung aller Jugendlichen zu gewährleisten. Die Umsetzung dieser Empfehlung erfordert entsprechende Ressourcen. Hier stehen auch die politischen Akteure, insbesondere Bundesrat und Parlament, in der Verantwortung. Dies erscheint umso wichtiger, als sich bis auf weiteres keine Änderung der Situation abzeichnet.
Weitere Themen des Berichts sind Gewaltprävention, sexualisierte Gewalt, der Umgang mit Gewaltvorwürfen und -hinweisen, Suizidversuche und Selbstverletzungen, Suchtproblematiken sowie die Anwendung von Sicherheitsmassnahmen in den Bundesasylzentren wie körperlicher Zwang, kurzfristiges Festhalten im Sicherheitsraum und körperliche Durchsuchungen.
Die Kommission konnte eine Reihe von guten Beispielen in einzelnen oder mehreren BAZ im Bereich der Betreuung unbegleiteter Jugendlicher, der Gewaltprävention, des Umgangs mit Suizidversuchen und Selbstverletzungen sowie der Zubereitung von Mahlzeiten und der Aufbewahrung und Verwendung eigener Lebensmittel in den BAZ identifizieren.
Kontakt:
Livia Hadorn
Geschäftsführerin NKVF
+41 58 465 16 20
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3003 Bern
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