Krankenkassenchef CSS über Sparmassnahmen

02.12.2003, "Ärzte sperren sich gegen alles" Das Schweizer Gesundheitswesen wird jeden Tag zwei Millionen Franken teurer.
BLICK Herr Portmann, gibts denn kein Kraut gegen die Kostenexplosion?
GEORG PORTMANN "Doch. Eine Million dürfte zwar bleiben, weil die Bevölkerung altert und der medizinische Fortschritt zu immer teureren Behandlungen führt. Doch die andere könnten wir wegbringen."
Ohne Abstriche bei der medizinischen Versorgung?
"Deutschlands führender Gesundheitsökonom Professor Karl Lauterbach machte Ländervergleiche: Finnland oder Holland haben etwa die gleichen Qualitätsstandards wie wir - ihre Gesundheitskosten sind aber rund ein Drittel tiefer. Bei uns ist viel Luft drin."
Wie kriegen wir die raus?
"Heute sind die Krankenkassen per Gesetz gezwungen, mit jedem Arzt zusammenzuarbeiten. Der Kontrahierungszwang muss endlich weg, wir brauchen die Vertragsfreiheit."
Warum ist das so wichtig?
"Heute werden - pointiert gesagt - ineffiziente Ärzte durch Mehreinkommen belohnt. Die Ärzte werden automatisch von jeder Krankenkasse bezahlt. Das ändert sich, sobald Vertragsfreiheit herrscht. Dann riskiert der Arzt, dass er bei einer Krankenkasse nicht mehr abrechnen kann, wenn er ineffizient und teuer ist."
Ein Beispiel, bitte.
"Viele Röntgenuntersuchungen sind medizinisch unnötig. Oft wollen Ärzte einfach ihre Geräte amortisieren."
National- und Ständerat haben die Aufhebung des Vertragszwangs eingefädelt. Rennen Sie nicht offene Türen ein?
"Obwohl noch gar nicht beschlossen, haben die Ärzte schon das Referendum gegen die Vertragsfreiheit angedroht. Die Ärzte wollen sich nicht bewegen. Worum es auch geht - sie sperren sich gegen alles: Gegen die Vertragsfreiheit. Gegen den neuen Tarifvertrag Tarmed, obwohl sie massgebend daran mitgearbeitet haben. Gegen öffentlich zugängliche Informationen über ihren Leistungsausweis. Und gegen die kostengünstige elektronische Rechnungsstellung. Dabei sollten die Ärzte wissen: Wenn man stillsteht, bekommt man Kreislaufprobleme, die bis zum Kollaps führen können. Uns droht im Gesundheitswesen der Kollaps."
Nur wegen den widerborstigen Ärzten?
"Wir müssen auch bei den Spitälern vom Gärtchendenken wegkommen. Es braucht eine überregionale Spitalplanung. Echt gespart werden kann vielerorts nur mit einem interkantonalen Ansatz."
Da müsste doch der Bund aktiv werden. Das ist bei der laufenden Gesetzesrevision nicht vorgesehen.
"Es braucht halt manchmal mehrere Anläufe. Bundesrat Pascal Couchepin muss Führungsarbeit übernehmen - auch mit unkonventionellen Ideen. Ein Beispiel: Der Bund stellt mehr Geld für Prämienverbilligungen zur Verfügung, als von den Kantonen abgeholt wird. Den Überschuss könnte man jenen Kantonen als Belohnung geben, die bei einer interkantonalen Spitalplanung mitmachen."
Kontakt:
Tribschenstrasse 21
6005 Luzern
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