Seco: Langsameres Wachstum setzt sich 2008 und 2009 fort

23.06.2008, Bern. Konjunkturtendenzen und Prognosen der Expertengruppe Konjunkturprognosen des Bundes - Sommer 2008. Die seit Anfang Jahr eingetretene Abkühlung der Schweizer Konjunktur wird sich weiter fortsetzen. Die schwächere internationale Konjunktur sowie die verschlechterten Finanzmarktbedingungen dürften bis ins Jahr 2009 hinein nachwirken. Nach Einschätzung der Expertengruppe des Bundes wird sich das BIP-Wachstum von 3,1% im Jahr 2007 auf 1,9% im Jahr 2008 und auf 1,3% im Jahr 2009 verlangsamen. Die rohstoffpreisbedingt gestiegene Teuerung dürfte sich bis 2009 wieder deutlich zurückbilden.
Insbesondere für die USA präsentiert sich der Konjunkturausblick gedämpft. Die anhaltende Immobilienkrise beeinträchtigt die Inlandnachfrage und in zunehmendem Masse den privaten Konsum. Obwohl die expansive Ausrichtung der Geld- und Fiskalpolitik ein gewisses Gegengewicht bildet und die Konjunkturschwäche abmildern dürfte, wird sich die US-Konjunktur bis Ende 2009 wohl nur sehr langsam erholen können. Im Euroraum dürfte die konjunkturelle Verlangsamung 2008 und 2009 vergleichsweise moderat verlaufen. In einzelnen europäischen Ländern (namentlich Spanien und Grossbritannien) mit ebenfalls deutlicher Immobilienmarktabkühlung könnte der Rückgang der konjunkturellen Dynamik allerdings ausgeprägter ausfallen.
Konjunkturprognose Schweiz Nachdem die Schweizer Wirtschaft bis Ende 2007 kräftig gewachsen war, hat die Konjunktur im laufenden Jahr vor dem Hintergrund der internationalen Konjunkturabkühlung sowie der Finanzmarktkrise merklich an Schwung verloren. Das Ausmass der bis jetzt eingetretenen Abkühlung entspricht weitgehend den Erwartungen. Seit einigen Monaten zeigen die vorlaufenden Konjunkturindikatoren (vor allem Umfragen) aus der Industrie und den Dienstleistungssektoren eine fallende Tendenz, die allerdings bislang nicht allzu ausgeprägt erscheint. Von daher ist eher mit einer Fortsetzung des verlangsamten Wachstums zu rechnen als mit einem starken Konjunkturabschwung.
Für das Gesamtjahr 2008 rechnet die Expertengruppe wie bisher mit einem BIP-Wachstum von 1,9%, nach jeweils gut 3% in den beiden vorangegangenen Jahren. Das tiefere Wachstum ist hauptsächlich auf den Wegfall der in den letzten Jahren stark positiven Impulse vom Aussenhandel zurückzuführen. Die bereits eingetretene deutliche Verlangsamung der Exporte dürfte angesichts der schwächeren Auslandkonjunktur sowie des etwas festeren Frankens weiter anhalten. Mit einer besonders ausgeprägten Abschwächung ist bei den Ausfuhren von Finanzmarktdienstleistungen zu rechnen, die in den letzten Jahren hohe Zuwächse verzeichnet hatten. Demgegenüber sollte die Inlandnachfrage relativ robust bleiben. Allerdings dürften die eingetrübten Konjunkturaussichten die Zunahme der Ausrüstungsinvestitionen dämpfen, und bei den Bauinvestitionen ist mit einer anhaltenden Abnahme zu rechnen. Von der privaten Konsumnachfrage sind vor dem Hintergrund der derzeit immer noch guten Arbeitsmarktlage weiterhin stützende Impulse für die Konjunktur zu erwarten, auch wenn der rohstoffpreisbedingte Teuerungsanstieg die reale Kaufkraft der privaten Haushalte mindert.
Da die dämpfenden Impulse aus dem Ausland und von den Finanzmärkten wohl nur langsam nachlassen werden, dürfte das gemächlichere Wachstumstempo der Schweizer Wirtschaft auch im nächsten Jahr noch anhalten. Die Expertengruppe rechnet für 2009 mit einem BIP- Wachstum von 1,3%.
Im Zuge der konjunkturellen Verlangsamung dürfte die bislang noch immer kräftige Beschäf- tigungszunahme im zweiten Halbjahr 2008 zunehmend ins Stocken geraten. Wegen der starken Entwicklung in den vergangenen Quartalen wird das Wachstum der Beschäftigung (in Vollzeitäquivalenten) im Jahresdurchschnitt 2008 mit voraussichtlich +2,0% aber nochmals kräftig ausfallen. Für 2009 erwartet die Expertengruppe ein Wachstum von +0,5% der Beschäftigung im Jahresdurchschnitt. Der Rückgang der (saisonbereinigten) Arbeitslosigkeit hat sich in den vergangenen Monaten deutlich verlangsamt und ist fast zum Stillstand gekommen. Diese Tendenz dürfte sich im weiteren Jahresverlauf fortsetzen. Für 2008 ist somit im Jahresdurchschnitt mit einer Arbeitslosenquote von 2,5% zu rechnen (circa 100'000 Personen), für 2009 mit einem geringen Anstieg auf 2,6%.
Wie in vielen anderen Ländern hat sich auch in der Schweiz die Konsumteuerung infolge der massiven Rohstoffpreissteigerungen in den letzten Monaten deutlich erhöht (im Mai 2008 +2,9% gegenüber Vorjahr). Auch wenn der fortgesetzte Anstieg der Erdölpreise die Konsumteuerung in den kommenden Monaten voraussichtlich weiter hoch halten wird, dürfte dieser Effekt in der Folge nachlassen und der Inflationsdruck infolge der nachlassenden konjunkturellen Anspannung und des erhöhten Wettbewerbsdrucks auf vielen Märkten abnehmen. Entsprechend ist damit zu rechnen, dass die Teuerung 2008 2,5% (im Jahresdurchschnitt) erreicht. Im nächsten Jahr sollte sie wieder deutlich unter die 2%- Marke fallen.
Konjunkturrisiken Die weitere Entwicklung an den internationalen Finanzmärkten bleibt ein grosser Unsi- cherheitsfaktor für die schweizerischen Konjunkturperspektiven. Zwar scheint sich die Lage seit März etwas beruhigt zu haben, von einer nachhaltigen Entspannung kann aber noch keine Rede sein. So ist etwa an den Aktienmärkten die leichte Kurserholung seit den Tiefstständen von März 2008 in den letzten Wochen bereits wieder ins Stocken geraten.
Generell ist die Volatilität an den Finanzmärkten weiterhin hoch, und die Liquiditätsengpässe an den Geldmärkten in den USA und in Europa bestehen fort (anhaltend hohe Risikoprämien im Interbankenmarkt). Neuerliche Abwärtsspiralen an den Finanzmärkten sind nicht ausgeschlossen, zumal bei den am Ursprung der Krise stehenden Immobilienpreisen in den USA noch kein Ende des Rückgangs abzusehen ist. Solange sich die Situation an den Finanzmärkten nicht nachhaltig verbessert, bleiben die Risiken für die Konjunktur erheblich. Für die Schweiz könnte sich eine länger anhaltende Verunsicherung an den internationalen Finanzmärkten besonders negativ auf die Bankenwertschöpfung auswirken und somit auch auf die Gesamtkonjunktur durchschlagen.
Daneben ist nicht auszuschliessen, dass die Erdölpreise noch weiter deutlich ansteigen werden. Bei einer solchen Entwicklung dürften die Teuerungsraten international wie in der Schweiz auch 2009 noch hoch ausfallen, und die mittelfristigen Inflationsrisiken in Form von höheren Inflationserwartungen und vermehrten Überwälzungsprozessen könnten zunehmen. Für die Schweiz erscheint es indes als wenig wahrscheinlich, dass sich die Teuerungserwartungen nach der langjährigen hohen Preisstabilität binnen relativ kurzer Zeit nachhaltig verschlechtern.
Kontakt:
Holzikofenweg 36
3003 Bern
Weitere Informationen und Links:
Newsletter abonnieren
Auf diesem Link abonnieren Sie unseren Newsletter und sind stets aktuell informiert.
Eigene News publizieren
Haben Sie eine aktuelle Firmeninformation oder ein Angebot, dass Sie hier publizieren möchten?
Auf diesem Link erfassen Sie die entsprechenden Informationen.