Schweizer Konjunktur im weltwirtschaftlichen Abwärtssog

16.12.2008, Bern. Konjunkturtendenzen und Prognosen der Expertengruppe Konjunkturprognosen des Bundes - Winter 2008/2009*. Angesichts des stark verschlechterten weltwirtschaftlichen Umfelds muss auch für die Schweiz mit einer Rezession gerechnet werden. Die Expertengruppe des Bundes prognostiziert für 2009 einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um -0,8%, gefolgt von einer eher bescheidenen Erholung 2010 (+1,0%). Infolge des ausgeprägten Konjunkturabschwungs ist für 2009 und 2010 mit einer deutlich steigenden Arbeitslosigkeit zu rechnen.
Wenngleich sich der weltwirtschaftliche Ausblick für die nächsten Quartale düster präsentiert, dürften allmählich auch einige konjunkturstützende Einflüsse Wirkung entfalten. Hier sind vor allem die expansive Geldpolitik aber auch umfangreiche fiskalpolitische Stimulierungsmassnahmen in vielen Ländern zu erwähnen. Der starke Rückgang der Rohstoffpreise, welcher die Teuerung dämpft, wird sich auch indirekt positiv auf die Einkommen der privaten Haushalte und ihren Konsum auswirken. Diese Faktoren sollten - unter der Voraussetzung einer Stabilisierung an den Finanzmärkten - im zweiten Halbjahr 2009 eine Konjunkturwende unterstützen. Weil die Folgen der Finanzkrise für die Realwirtschaft noch über mehrere Quartale spürbar sein dürften, könnte die Erholung der Weltkonjunktur in einer ersten Phase noch verhalten ausfallen (mit moderaten Wachstumsraten bis Ende 2010). Dies gilt vor allem für die USA, wo die privaten Haushalte ihre hohe Verschuldung reduzieren müssen, was ihr Konsumwachstum über mehrere Quartale, wenn nicht Jahre, bremsen dürfte. Insgesamt rechnet die Expertengruppe des Bundes für die US-Wirtschaft mit einem BIP-Rückgang von -1,2% im Jahresdurchschnitt 2009 und ein leichtes Plus von +0,9% für 2010. Nur wenig besser schneidet der Euroraum ab (-1,0% für 2009, +1,0% für 2010).
Konjunkturprognose Schweiz Auch in der Schweiz hat sich die konjunkturelle Abwärtsdynamik seit Mitte 2008 deutlich verstärkt. Im 3. Quartal 2008 stagnierte die Wirtschaftsleistung (gegenüber dem Vorquartal), womit die Entwicklung nochmals leicht besser verlief als in den meisten westeuropäischen Ländern. Die markante Eintrübung des internationalen Konjunkturausblicks und die verschärfte Finanzkrise werden die Schweizer Wirtschaft in den nächsten Quartalen zweifellos stark treffen. Der beschleunigte Rückgang vieler Indikatoren (v.a. des Geschäftsklimas bei den Unternehmen) weist bereits auf eine starke Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit im laufenden und in den kommenden Quartalen hin. Die Expertengruppe erwartet daher einen Rückgang des realen Bruttoinlandprodukts (BIP) im 4. Quartal 2008 (gegenüber dem Vorquartal) und ein Anhalten der negativen Tendenz im ersten Halbjahr 2009. Die Schweizer Wirtschaft wird sich damit in einer Rezession befinden.
Die negative Entwicklung dürfte vor allem die Exporte sowie die Unternehmensinvestitionen betreffen. Während die Ausfuhren von Waren und Tourismusdienstleistungen unter der Rezession in vielen Handelspartnerländern leiden, zieht die Finanzkrise die Exporte von Finanzdienstleistungen, die in den vergangenen Jahren hohe Zunahmen verzeichnet hatten, stark in Mitleidenschaft. Die gedämpften Nachfrageerwartungen dürften bei den Unternehmen zu einer ausgeprägten Zurückhaltung bei der Investitionstätigkeit führen. Der private Konsum wird einen stärkeren Rückgang des BIP verhindern und weiterhin positive Wachstumsbeiträge liefern. Allerdings wird die für 2009 zu erwartende Verschlechterung der Arbeitsmarktlage die Konsumentwicklung zunehmend belasten.
Zurzeit bleibt es noch sehr schwierig, die Tiefe und die Dauer der Rezession in der Schweiz zu quantifizieren. Diese zwei Facetten der Rezession hängen in erster Linie von der Weltkonjunktur und der Entwicklung an den Finanzmärkten ab. Unter der Annahme einer allmählichen Aufhellung des internationalen Umfelds ab Mitte 2009 kann daher auch für die Schweiz ab dem zweiten Halbjahr 2009 mit einer leichten konjunkturellen Wende zum Besseren gerechnet werden. Ermutigend ist, dass sich die Schweizer Wirtschaft fundamental in guter Verfassung befindet und keine tiefgreifenden Ungleichgewichte in Submärkten aufweist. So gibt es keine generelle Immobilienkrise mit entsprechendem und schmerzhaftem Korrekturbedarf. Auch bei der Kreditversorgung der Wirtschaft erscheint die Situation in der Schweiz weniger angespannt als in vielen anderen Ländern; bislang zumindest waren keine klaren Hinweise für eine allgemeine Kreditverknappung seitens der Banken festzustellen.
Auch im Fall einer leichten Erholung ab dem zweiten Halbjahr 2009 dürfte die Schweizer Wirtschaft im Jahresdurchschnitt 2009 eine Schrumpfung des realen BIP von -0,8% erleiden (nach +1,9% für 2008). Für 2010 rechnet die Expertengruppe mit einer Zunahme von 1,0% im Jahresdurchschnitt. Das Tempo der Erholung dürfte neben dem nur bescheidenen internationalen Wachstum dadurch gebremst werden, dass die erst verzögert vom Abschwung erfasste Inlandkonjunktur 2010 noch in der Verlangsamungsphase sein dürfte, dies gilt insbesondere für die konsumnahen Wirtschaftssektoren.
Der Konjunkturrückgang dürfte sich mit gewisser Verzögerung in einer deutlichen Verschlechterung der Arbeitsmarktlage im Verlauf des nächsten Jahres niederschlagen (rückläufige Beschäftigung und steigende Arbeitslosigkeit). Erst im späteren Verlauf von 2010 ist mit einer allmählichen Erholung der Beschäftigung zu rechnen. Im Jahresdurchschnitt prognostiziert die Expertengruppe für die (vollzeitäquivalente) Beschäftigung Abnahmen von -0,3% für 2009 und -0,8% für 2010. Die Arbeitslosenquote dürfte nach 2,6% 2008 auf 3,3% 2009 und 4,3% 2010 ansteigen. Erst gegen Jahresende 2010 dürfte sich die Anzahl Arbeitslose stabilisieren.
Konjunkturrisiken Die für die Schweiz prognostizierte langsame Konjunkturerholung ab dem zweiten Halbjahr 2009 hängt entscheidend von einer Stabilisierung des weltwirtschaftlichen Umfelds ab. Das Hauptrisiko besteht darin, dass dies länger gehen könnte. Noch sind wenige Anzeichen für eine nachhaltige Entspannung der Probleme an den Finanzmärkten und bei den Banken erkennbar. An den kriselnden Immobilienmärkten der USA (und auch einiger europäischer Länder, insbesondere Grossbritannien und Spanien) könnte zudem der Korrekturbedarf noch mehrere Monate andauern. Trotz diesem schwierigen Umfeld schätzt die Expertengruppe die Gefahr einer längeren und tieferen Weltrezession als begrenzt ein, auch weil die zum Teil international koordinierte expansive Geld- und Fiskalpolitik zunehmend Wirkung entfalten dürfte. Darüber hinaus dauert namentlich in den USA der Abschwung bereits einige Jahre (seit Ende 2006), so dass die Wahrscheinlichkeit einer positiven zyklischen Wende mit der Zeit zunimmt.
Die mit der Finanzkrise verbundene grosse Prognoseunsicherheit beinhaltet indes nicht ausschliesslich negative Risiken für die Konjunktur. Nicht ausgeschlossen ist, dass der Sanierungsprozess bei den Banken schneller vorankommen könnte und die weltwirtschaftliche Erholung 2010 stärker als angenommen ausfällt.
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